Laut Definition bezeichnet man Menschen, die Fleisch und Fisch vermeiden, aber Eier und Milchprodukte, also auch Käse, konsumieren, als Vegetarier. Während Veganer durch ihre Ernährungsweise gänzlich auf die Nutzung von Tieren verzichten, akzeptieren Vegetarier Tierprodukte, die von lebenden Tieren stammen, wie Honig, Milch, Eier und Käse. Tatsache ist jedoch, dass nur eine Kuh mit frisch geborenem Kalb Milch gibt, welches oft als Kalbfleisch endet. Zudem wird für die Herstellung von Käse oft aus Kälbermägen gewonnenes Lab verwendet.

#Eine Auswahl veganer Käse-Rezepte
Grillkäse * Parmesan * Camembert * Feta * Frischkäse * Mozarella * Pizzakäse * Käsesauce

vegetarischer Käse, Kälberlab (c) veggie-kids.deDer Mensch nutzt seit über 3000 Jahren die Milch von Kühen, Schafen und Ziegen (1). Diese Wiederkäuer besitzen mehrere Mägen, um die schwer verdauliche Zellulose ihrer natürlicherweise aus Gras, Heu und Kräutern bestehenden Nahrung zu verwerten. Erst nachdem die Nahrung in Vormägen von Bakterien angedaut wurde, gelangt sie in den eigentlichen Magen – den sogenannten Labmagen. Bei frisch geborenen Kälbern wird die Nahrung während der Saugphase bis zur Umstellung auf Raufutter direkt in den Labmagen geleitet. In diesem Magen wird ein Labferment produziert, um die Muttermilch durch Gerinnung leichter verdaulich zu machen. Dieses Lab ist eine Mischung aus den proteinspaltenden Enzymen Pepsin und Chymosin, die von den Zellen der Magenschleimhaut abgegeben werden (2).

Das Kälberlab zeichnet eine hohe Wirkung aus, 1 Milliliter reicht aus, um 6 bis 60 Liter Milch zu gerinnen. Bei diesem Vorgang werden die Milchproteine (Caseine) aus der Molke gefällt. Je jünger das Kalb und je ausschließlicher es Muttermilch getrunken hat, desto besser ist die Qualität des Labs. Die Kälber werden schon nach 2 bis 10 Tagen (teilweise nach 3 Monaten) von der Mutter getrennt und geschlachtet. Der Labmagen wird abgetrennt und das Labferment für die Käseherstellung gewonnen. Da Labferment als Produktionshilfsstoff, aber nicht als Lebensmittelzusatz gilt, besteht keine Deklarationspflicht auf der Verpackung (2).

Ist mikrobielles Lab für Vegetarier geeignet?

Alternativen zum Kälberlab werden industriell gesucht, da der jährlich steigenden Nachfrage nach Käse allein durch die Schlachtung von Kälbern nicht nachgekommen werden kann. Lab kann auch durch Pepsin aus Schweinemägen ergänzt werden (3).

Pflanzen mit ansäuernder Wirkung, wie das Labkraut, erzeugen durch ihre unspezifischere Wirkung einen zum Teil bitteren Geschmack und werden daher nur minimal eingesetzt. Die als mikrobielles oder pflanzliches(!) Lab deklarierten Inhaltsstoffe stammen von Pilzen und Bakterien, die natürliche labähnliche Proteasen produzieren. Eine dritte Option stellen gentechnisch veränderte Mikroorganismen dar, die durch Einschleusen des Prochymosin-Gens vom Kalb in die Lage versetzt wurden, Chymosin zu produzieren (3).

Für Vegetarier ist jedoch zusätzlich bedeutsam, auf welchen Nährmedien solche Mikroorganismen angezogen werden. Teilweise werden hierfür nämlich Bestandteile aus tierischen Quellen verwendet, wie zum Beispiel Blut-Albumin als Aminosäurequelle (4).

Der Vegetarierbund Vebu hat eine Liste von Milchprodukten erstellt, die angibt, welche Art von Lab von verschiedenen Herstellern eingesetzt wird (5). Je nach Rezeptur kann demnach selbst in Quark, Feta oder Frischkäse Lab enthalten sein. Gänzlich unbeachtet bleibt jedoch der potentielle Einsatz nicht-vegetarischer Nährmedien zur Gewinnung des mikrobiellen Labs. Die Food-Coop Kreuzberg hat dazu Antworten auf Produktanfragen veröffentlicht (6). Hier wird deutlich: Die Produktanbieter selbst können dazu kaum Auskunft geben und sind sich dieser Problematik scheinbar gar nicht bewusst.

Einsatz von Antibiotika

Bodenbakterien der Gattung Streptomyces sind bekannte natürliche Produzenten einer großen Vielfalt von Antibiotika. Natamycin ist ein Beispiel dafür und wird teilweise eingesetzt, um die Haltbarkeit von Käse zu verlängern. Durch die Behandlung der Käserinde mit Natamycin wird das Pilzwachstum, d.h. die Schimmelbildung, am Käse vermindert. Aber auch hier versteckt sich wieder ein nicht-vegetarisches Detail im Herstellungsprozess: Für eine optimale Natamycin-Ausbeute wird zur Stickstoffversorgung der Bakterien Hefeextrakt und Rindfleischextrakt benötigt (7).

Der alternative Käsevielfalt fehlt es an nichts

Wer aus ethischen Gründen Produkte ablehnt, für die Tiere getötet wurden, muss konsequenterweise die Zutatenlisten genau studieren. Da eine Deklarationspflicht für Lab fehlt und selbst Produktanbieter über den Herstellungsprozess keine Auskunft geben können, sollte auf Käse einfach verzichtet werden.

Von Verzicht kann tatsächlich aber keine Rede sein, da die Auswahl an Ersatzprodukten und die Vielfalt an Rezepturen heutzutage einfach umwerfend ist. Zum einen reicht heute die Palette an käuflich erwerbbaren veganen Käseprodukten von Scheibenkäse bis zu schmelzendem Pizzabelag. Und natürlich macht auch die Forschungsindustrie nicht vor diesem Trend halt. Es wurden bereits im Labor Mikroorganismen so modifiziert, dass sie das typische Käseprotein Casein herstellen können (8). Dieses wird isoliert und ergibt zusammen mit Wasser und Öl einen veganen Milchersatz, der mit allen traditionellen Käseherstellungsprozessen verarbeitbar sein soll.

Am spannendsten bleibt aber die Experimentierfreude, die viele Veganer in der Küche zeigen, zauberte sie doch vom Camembert über Mozarella bis zum berühmten Hefeschmelz schon viele schmackhafte Alternativen.

Quellen

  1. Hirschberg, Ruth M. (2011): Die vielfältige Nutzungsgeschichte der Wiederkäuer im Mittelalter, zuletzt aktualisiert 2013, Gruppe „Marca brandenburgensis anno domini 1260“, Recherche und Präsentationen zur märkischen Sachkultur des Hochmittelalters in Zusammenarbeit mit Museen sowie archäologischen und bildungspolitischen Einrichtungen.
  2. Wikipedia, Labmagen, Lab
  3. Infobox zum Eintrag Labferment auf spektrum.de
  4. Ökokiste Kirchdorf: Kürzel beim Käse. Was genau bedeuten die kleine Buchstaben hinter dem Käse? (PDF)
  5. Käse – tierisches Lab oder mikrobielles Lab?, als PDF, zusammengestellt vom Vebu (ohne Gewähr)
  6. Foodcoop Kreuzberg: Vegetarischer Kaese
  7. Farid, M.A. et al. (2000) Optimization of the cultivation medium for natamycin production by Streptomyces natalensis (PDF), J. Basic Microbiol. 40(3), 157 – 166.
  8. real vegan cheese (Artikel und Video dazu auf http://singularityhub.com)

 

Eine Auswahl veganer Käse-Rezepte